Kapitalanlagen und Risikomanagement

Kapitalanlage mit wichtiger Hebelfunktion

Die Nachhaltigkeitsstrategie für unsere Kapitalanlage haben wir 2022 konsequent weiterentwickelt: durch gezielte Investitionen in Zukunftstechnologien, unseren Beitritt zur “Net-Zero Asset Owner Alliance” und die intensive Integration von Nachhaltigkeitsaspekten im Risikomanagement.

Im Interview – Georg Distler
Head of Infrastructure Investments / Realkredit, Geschäftsführer Tecta Invest GmbH

Zum Video-Interview

Georg Distler, Head of Infrastructure Investments / Realkredit, Geschäftsführer Tecta Invest GmbH

Kapitalanlagen

Unser zentrales Ziel in der Kapitalanlage ist eine langfristige und nachhaltige Erfüllbarkeit der versicherungsseitigen Verpflichtungen. Wir sind uns bewusst, dass unsere Kapitalanlage ein wirkungsvoller Hebel ist und möchten diese verantwortungsvoll gestalten. Unseren Nachhaltigkeitsansatz für die Kapitalanlage entwickeln wir als Unterzeichner der Principles for Responsible Investment (PRI) entlang der sechs damit einhergehenden Prinzipien laufend fort.

Zwei Personen sitzen mit einem Tablet an einem Tisch. Eine weitere Person steht hinter ihnen und sie unterhalten sich.
Von links nach rechts: Georg D. - Geschchäftsführer Tecta-Invest GmbH / Head of Infrastructure Investments, Helmut R. - Geschäftsstellenleiter der Geschäftsstelle Bamberg, Tanja H. - Privatkundenberaterin

Durch gezielte und thematische Investitionen in Zukunftstechnologien können wir den wirkungsvollen Hebel unserer Kapitalanlage mit ihrer finanzierenden Funktion in besonderer Weise nutzen.

2022 haben wir die Umsetzung der im Jahr 2021 verabschiedeten Nachhaltigkeitsstrategie für die Kapitalanlage fortgesetzt und sie mit einer ESG-Richtlinie für die Kapitalanlage in unser unternehmensinternes Regelwerk überführt. ESG steht als Akronym für die Nachhaltigkeitsaspekte Umwelt (Environment), Soziales (Social) und Unternehmensführung (Governance). Für unser tägliches Handeln haben wir zur ESG-Integration anlageklassenspezifische Ansätze entwickelt, um nachhaltigkeitsbezogene Risikotreiber im Investitionsprozess systematisch zu berücksichtigen, zudem haben wir Prozesse zur Umsetzung der Ausschlusskriterien und des normbasierten Screenings etabliert. So werten wir einerseits in einem standardisierten Bericht regelmäßig aus, ob Verstöße gegen unsere Ausschlusskriterien vorliegen. Auf der anderen Seite überprüfen wir den gesamten Kapitalanlagebestand im Rahmen eines normbasierten Screenings auf die Einhaltung grundlegender Prinzipien des UN Global Compacts für die Bereiche Menschenrechte, Arbeitsnormen, Umwelt und Korruptionsprävention. Seit der Einführung der Überprüfungen wurden weder Verstöße gegen die Ausschlusskriterien festgestellt noch der Grenzwert des normbasierten Screenings (5 Prozent des Bestands, für den entsprechende Informationen zur Verfügung stehen) überschritten.

Zudem haben wir 2022 einen Workshop mit der Kapitalverwaltungsgesellschaft BayernInvest durchgeführt, die unsere indirekt gehaltenen Aktienbestände betreut und in diesem Rahmen für die Ausübung von Stimmrechten und den Dialog mit den jeweiligen Unternehmen verantwortlich ist. Dabei haben wir beschlossen, im Engagement mit Unternehmen im kommenden Jahr besonderen Fokus auf Sachverhalte mit Bezug auf den Klimawandel zu legen. Für unsere indirekt gehaltenen Bestände wurde 2022 bei 98 Hauptversammlungen abgestimmt.

Durch gezielte und thematische Investitionen in Zukunftstechnologien können wir den wirkungsvollen Hebel unserer Kapitalanlage mit ihrer finanzierenden Funktion in besonderer Weise nutzen. 2022 haben wir beispielsweise über einen Fonds in E-Ladeparks investiert, um den Aufbau der für die Elektrifizierung des Straßenverkehrs notwendigen Infrastruktur zu fördern. Durch den Betrieb der von der Versicherungskammer finanzierten Solar- und Windparks, vorwiegend in Deutschland, West- und Nordeuropa, wurden im Geschäftsjahr 2022 anteilig mehr als 1,5 TWh erzeugt. Der Bruttostromverbrauch in Deutschland lag im Jahr 2021 bei 570 TWh1. Zum Vergleich: Mit dem erzeugten Strom könnte man den Jahresstrombedarf von ca. 470.000 Haushalte mit erneuerbaren Energien decken.2

Unser Ziel, das Anlageportfolio des Konzerns bis zum Jahr 2050 klimaneutral zu gestalten, haben wir mit unserem Beitritt zur "Net-Zero Asset Owner Alliance" im November 2022 in eine internationale Brancheninitiative eingebettet. Die von den Vereinten Nationen einberufene Initiative vereint große Kapitalanleger weltweit in ihren Bemühungen, zur Erreichung des Pariser Klimaabkommens beizutragen. Hierbei stehen tatsächliche Veränderungen der Emissionen im Fokus, weshalb neben CO2e-Zielen für das Portfolio insbesondere auch die Bereitstellung von Kapital für den Übergang zu einer emissionsärmeren Wirtschaft sowie der Dialog mit Portfoliounternehmen aus emissionsintensiven Branchen verpflichtend sind. Unsere quantifizierten mittelfristigen Ziele bis 2030 werden wir im Laufe des Geschäftsjahres 2023 festlegen und zusammen mit dem CO2e-Fußabdruck veröffentlichen. Bei Aktien und gelisteten Unternehmensanleihen streben wir eine CO2e-Reduktion um mindestens 50 Prozent bis 2030 an. Außerdem werden wir unseren Engagement-Ansatz weiterentwickeln, um verstärkt mit Unternehmen und Vermögensverwaltern in den Dialog zu treten.

Für unsere nachhaltigkeitsbezogenen Ziele und Maßnahmen sind Informationen über die Investitionen zugrunde liegender Vermögensgegenstände von zentraler Bedeutung. Um die Verfügbarkeit solcher Daten und deren Integration in unsere IT-Systeme zu verbessern, haben wir ein bereichsübergreifendes Projekt initiiert, das Zielbilder für Prozesse und Datenflüsse zur Anpassung unserer IT- und Systemlandschaft erarbeiten wird.

Im Interview – Georg Distler

Neben Sicherheit, Qualität, Liquidität und Rentabilität ist Nachhaltigkeit ein wichtiger Aspekt in unserer Kapitalanlage. Den Ausbau der Kapitalanlagen in Infrastrukturanlagen und erneuerbaren Energien treibt seit 2012 Georg Distler als Geschäftsführer der TECTA-Invest GmbH, einem Tochterunternehmen des Konzerns Versicherungskammer, maßgeblich voran.

Lesen Sie hier das ganze Interview

Risikomanagement

Als öffentlicher Versicherer fokussieren wir uns auf die gesundheitliche und finanzielle Sicherheit unserer Kunden. Um künftig eine adäquate und effektive Unternehmenssteuerung auch in Krisenzeiten sicherzustellen, baut die Versicherungskammer weiterhin auf ihr umfassendes Risikomanagementsystem. Dieses ermöglicht es uns, Risiken, aber auch Chancen früh zu erkennen und zu steuern.

Für die Durchführung und Weiterentwicklung des Risikomanagements ist in der Versicherungskammer der Vorstand verantwortlich. Er trifft hier gemäß § 91 Abs. 2 AktG geeignete Maßnahmen, um den Fortbestand des Unternehmens zu sichern und gefährdende Entwicklungen früh zu erkennen. Die Aufgabe der unabhängigen Risikomanagementfunktion (uRCF) wird in unserem Konzern zentral von der Hauptabteilung Konzernrisikocontrolling ausgeführt, die die Risikomanagementaktivitäten umfassend koordiniert.

Unser Risikomanagement hat sich sowohl im von der COVID-19-Pandemie geprägten Jahr 2021 bewährt als auch im Berichtsjahr 2022, das durch einen Einbruch der Kapitalmärkte und die schlechten Wachstumsaussichten der Weltwirtschaft gekennzeichnet war. Durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine und die damit entfachte Energiesicherheitskrise sowie die weltweite Inflation stehen seit 2022 alle Unternehmen vor neuen Herausforderungen. Um sich diesen erfolgreich zu stellen, muss jedes Unternehmen nicht nur die aktuellen externen ökologischen und sozialen Gegebenheiten bewerten, sondern auch, ob das unternehmenseigene Governance-System geeignet ist, der externen Situation wirksam zu begegnen. Die Relevanz der Bewertung von ESG-Risiken nimmt dadurch deutlich zu.

Nachhaltigkeitsrisiken fallen insbesondere bei markt- und versicherungstechnischen, aber auch bei operationellen, strategischen und Reputationsrisiken ins Gewicht.

Vor diesem Hintergrund haben wir 2022 die bereits im Vorjahr gestartete intensivere Integration von Nachhaltigkeitsaspekten im Risikomanagement der Versicherungskammer weiter ausgebaut. In unserer Risikostrategie haben wir den Nachhaltigkeitsaspekt dezidierter aufgenommen. Die für unser Unternehmen relevanten Risikoarten haben wir im Berichtsjahr hinsichtlich möglicher auf sie einwirkenden Nachhaltigkeitsfaktoren intensiver durchleuchtet. Im Rahmen der jährlichen Risikoinventur stellen wir fest, dass Nachhaltigkeitsrisiken insbesondere bei Markt- und versicherungstechnischen, aber auch bei operationellen, strategischen und Reputationsrisiken ins Gewicht fallen.

Zur Beurteilung der Auswirkung einzelner Risiken auf die Risikotragfähigkeit des Unternehmens führen wir regelmäßig Stresstests und Szenarioanalysen durch. Dabei überprüfen wir, ob die bestehenden unternehmensindividuellen Kontrollen die spezifischen Nachhaltigkeitsaspekte in geeigneter Weise berücksichtigen, und justieren bei Bedarf nach.

Für klimapolitische Veränderungen gut gewappnet

Im ORSA (Own Risk and Solvency Assessment) 2022 analysierten wir detailliert die Auswirkung des Klimawandels auf die Kapitalanlage und die Versicherungstechnik.

Hinsichtlich der Klimarisiken in der Kapitalanlage zogen wir in unserer Risikobewertung zum einen physische Risiken in Betracht – also Risiken im Zusammenhang mit Extremwetterereignissen, wie zum Beispiel Sturm, Überschwemmung und Hagel. Zum anderen betrachteten wir transitorische Risiken, die sich durch den Übergang auf eine kohlenstoffarme Wirtschaft ergeben können. Dabei stellten wir fest, dass nach heutigen wissenschaftlichen Erkenntnissen die Auswirkungen des Klimawandels auf die Kapitalanlage sehr gering sind. Auch im Kompositbereich können die aufgrund des Klimawandels zu erwartenden höheren physischen Naturgefahrenschäden die Risikotragfähigkeit der Versicherungskammer nicht gefährden.

Die konsequente Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsrisiken entlang unseres gesamten Risikomanagementprozesses – von der Risikoidentifizierung über die Risikoanalyse und -bewertung bis hin zur Risikoberichterstattung – stellt eine aktive Steuerung in unserem Unternehmen sicher. Damit ist es uns möglich, notwendige Maßnahmen zur Vermeidung von Risiken rechtzeitig festzulegen und umzusetzen.

Eine Person steht hinter einem Fenster, lächelt und schaut nach draußen.
Claudia M. - Pool-Lead, Abteilungsleiterin

Management von Nachhaltigkeitsrisiken

In der Versicherungskammer wollen wir unsere Prozesse und Methoden zur Identifikation, Bewertung, Steuerung und Berichterstattung von Nachhaltigkeitsrisiken kontinuierlich verbessern. Hierfür werden wir den Austausch mit den anderen öffentlichen Versicherern und weiteren Fachleuten sowie die intensive Auseinandersetzung mit aktuellen wissenschaftlichen Arbeiten fortführen. Insbesondere die Weiterentwicklung der Methodik, um Nachhaltigkeitsrisiken zu quantifizieren, sowie der Aufbau der dafür notwendigen Datengrundlage werden in nächster Zeit eine große Herausforderung nicht nur für die Versicherungskammer, sondern für die gesamte Versicherungsbranche darstellen. Ebenso werden wir weiterhin auf die Fortführung eines konzernweit einheitlichen Verständnisses von Nachhaltigkeitsrisiken setzen und alle Mitarbeitenden für dieses Thema stärker sensibilisieren. Hierzu werden wir unter anderem entsprechende Vorträge und Veranstaltungen anbieten, wie zum Beispiel den Austausch am Nachhaltigkeitstag.

1 Die Kennzahl basiert auf den zum Zeitpunkt der Veröffentlichung neuesten Daten des Umweltbundesamtes.
2 Ein deutscher Durchschnittshaushalt verbrauchte, laut dem Statistischen Bundesamt, im Jahr 2020 3,190 KWh.