Sollte ich ein FSJ machen?
Die Schule haben Sie erfolgreich hinter sich gelassen – vor Ihnen liegt das Leben mit seinen unendlichen Möglichkeiten. Aber genau das ist oftmals das Problem: Wenn man den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sieht, fällt es vielen schwer, aus der Vielzahl der Gelegenheiten die richtige zu identifizieren. Sie könnten sich jetzt einfach für irgendetwas entscheiden, wie zum Beispiel ein Studium der Betriebswirtschaft, eine Ausbildung zum Speditionskaufmann oder erst mal eine Auszeit nehmen, um zu sich selbst zu finden. Früher war das einfacher – zumindest bei den Jungs: Denn zwischen dem Schulabschluss und dem Beginn des Wehr- oder Zivildiensts war ein Zeitfenster, um sich bewusst zu werden, was man "später" mal machen möchte. Seit der Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht im Jahr 2011 sieht das alles ein bisschen anders aus: Plötzlich stehen viele nach dem Ende der Schulzeit vor einer gewissen Leere und sind sich noch nicht sicher, wie es weitergehen soll. Auch die heute 21-jährige Annika Paulus aus München stand nach ihrem Abitur vor genau diesem Problem: „Ich hatte meinen Abschluss in der Tasche und bin erst einmal in eine Art Schwarzes Loch gefallen, weil ich mich nicht entscheiden konnte, wie es jetzt weitergehen soll. Da haben meine Eltern mir empfohlen ein Freiwilliges Soziales Jahr zu machen.“ Eine Entscheidung, die sich für Annika auszahlen sollte, wie wir später noch sehen werden. Aber, wie ist das jetzt mit dem FSJ, wie es umgangssprachlich abgekürzt wird? Lohnt sich der freiwillige Dienst an der Gesellschaft oder ist das nur Zeitverschwendung? Im Folgenden wollen wir das einmal näher betrachten ...
Die Vorteile eines Freiwilligen Sozialen Jahrs
- Das FSJ ist eine super Gelegenheit, um Fertigkeiten und Fähigkeiten in der Praxis zu erproben und damit auch die Persönlichkeit weiterzuentwickeln.
- Die Begegnung mit den unterschiedlichsten Menschen und Lebensgeschichten weitet Ihren Horizont und lässt Sie andere Perspektiven auf das Leben einnehmen.
- Das FSJ ist zudem eine sehr gute Möglichkeit, um soziale Kompetenzen zu erlernen oder zu vertiefen. Diese sogenannten Soft Skills sind mittlerweile in jedem Job sehr wichtig und gefragt.
- Sie tun einen Dienst an der Gesellschaft: Ihr Einsatz kommt Menschen zugute, die oftmals auf fremde Hilfe angewiesen sind. Sollte es tatsächlich Karmapunkte geben, so haben Sie mit einem FSJ in jedem Fall einige gesammelt.
- Ein FSJ kann auch im Ausland absolviert werden. So sammeln Sie nicht nur wertvolle persönliche Erfahrungen, sondern können auch gleich eine Sprache erlernen oder vertiefen.
- Es wird als Wartesemester angerechnet. Das heißt: Wenn Sie sich für ein Studium mit Numerus Clausus interessieren, können Sie mit einem FSJ die Wartezeit überbrücken, ohne dass danach eine Lücke in Ihrem Lebenslauf klafft.
- Und zu guter Letzt: Ein Freiwilliges Soziales Jahr macht meist richtig Spaß. Man lernt (unter anderem auch bei Seminarwochen und Weiterbildungen) neue Menschen kennen und erlebt gemeinsam zahlreiche neue Dinge, auf die man später mal gerne zurückblickt.
Wenn Sie sich also noch nicht sicher sind, welches Studium oder welche Ausbildung Sie wirklich interessiert: Nutzen Sie das FSJ, um zum einen Zeit sinnvoll zu überbrücken und zum anderen wichtige Kompetenzen zu erlernen, die Ihnen im weiteren Berufsleben von Vorteil sein werden.
Die “Nachteile” eines Freiwilligen Sozialen Jahrs
Fakten rund um das FSJ
Sie haben diesen Artikel gelesen und sind jetzt überzeugt, dass ein FSJ für Sie genau das Richtige ist? Glückwunsch, dann finden Sie hier die Informationen, die Sie benötigen. Ein Freiwilliges Soziales Jahr kann generell erst einmal jeder machen, der die Schulpflicht erfüllt und das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Aber, wo findet man jetzt überhaupt die passende Stelle für ein FSJ? Generell gibt es sogenannte „zugelassene Träger“, die ein FSJ anbieten können. Dazu gehören z.B. Wohlfahrtsverbände, Religionsgemeinschaften oder auch öffentliche Träger von Bund, Ländern und Gemeinden. Solche Träger können Sie direkt kontaktieren und nach einem FSJ fragen. Wenn Ihnen das zu umständlich ist, gibt es auch übergeordnete Portale wie beispielsweise https://bundes-freiwilligendienst.de/ , auf denen Sie Informationen und Angebote für ein Freiwilliges Soziales Jahr (übrigens auch im Bereich Kultur und Politik) in Ihrer Region finden können.
Übrigens: Der Bundesfreiwilligendienst wurde von der Bundesregierung als Antwort auf die Abschaffung der Wehrpflicht und des Zivildienstes im Jahre 2011 gegründet. Die Dauer eines FSJ ist in der Regel zwischen 6 und 18 Monaten – den genauen Zeitraum verhandeln Sie mit dem jeweiligen Träger. Die Vergütung – auch Taschengeld genannt – darf 402 Euro pro Monat nicht überschreiten – hinzu kommen meist noch kostenlose Unterkunft, Verpflegung und Dienstkleidung, so dass Sie das Taschengeld nicht für Miete oder Essen ausgeben müssen. Die wöchentlichen Arbeitsstunden sind von Stelle zu Stelle unterschiedlich, normalerweise sind es knapp 40 Stunden in der Woche. Auch der Urlaub ist Verhandlungssache, allerdings stehen Ihnen laut Gesetz mindestens 26 Tage im Jahr zu. Ob Sie mehr bekommen hängt – wie gesagt – davon ab, welche Regelung der Träger vorgesehen hat.
Ein weiterer Vorteil beim FSJ ist, dass Sie während dieser Zeit automatisch in der gesetzlichen Sozialversicherung versichert sind. Das gilt übrigens auch für die Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Rentenversicherung, Unfallversicherung, die gesetzliche Arbeitslosenversicherung und das Kindergeld. Wenn Sie jetzt Lust bekommen haben, dann zögern Sie nicht und schauen Sie sich nach einem Freiwilligen Sozialen Jahr um. Sie werden es sicherlich nicht bereuen. Oder, um es mit den Worten von Annika Paulus zu sagen: „Das FSJ war zurückblickend die beste Zeit meines Lebens bis jetzt. Ich habe nicht nur viel gelernt, sondern auch wahnsinnig viele neue, nette Menschen kennengelernt, mit denen ich bis heute noch in Kontakt bin.“ Eines sollten Sie sich allerdings trotzdem klar machen: Wenn Sie sich für ein FSJ entscheiden, sollten Sie es auch durchziehen. Es gibt zwar auch Möglichkeiten, dieses frühzeitig wieder abzubrechen, aber DAS macht sich im Lebenslauf nicht besonders gut.